Trotz einer umfangreichen, kritischen Literatur bedarf die Ent-stehungsgeschichte von G. E. Lessings beiden letzten und zugleich reifsten Prosaschriften, der Freimaurergespräche und der Erziehung des Menschengeschlechts, noch immer in wesentlichen Einzelheiten der Klarung. Dies trifft auch auf die jüngste zusammenfassende Darstellung der vorliegenden Problème zu, wie sie W. v. Olshausen in den Einleitungen zu seiner Ausgabe sowie in den Anmerkungsbänden zu Lessings Werken (bei Bong) geboten hat. Gerade die dort zu Tage tretenden Unzuläng-lichkeiten und Irrtümer geben Anlaß, den einzelnen Ueberlieferungen über den Werdegang beider Werke erneut nachzugehen, ohne jedoch dabei zu übersehen, daß manches jetzt für die hier folgenden Untersuchungen benutzte Material zur Zeit der Abfassung oder beim Ab-schluß von Olshausens Erläuterungen vielleicht noch unbekannt war, während anderes zweifellos erst später veröffentlicht wurde. Andrerseits wird ein fur aile Mal auf Olshausens leicht zugänglichen und teil-weise sehr wertvollen Kommentàr zu verweisen sein, dessen Kenntnis schon darum auch für unsere Erörterungen vorausgesetzt wird, um unnotige Wiederholungen zu vermeiden. Außerdem ist gleich zu Beginn noch einmal an die oft betonten äußerlichen Gemeinsamkeiten der zwei Bekenntnisschriften zu erinnern: beide wurden iiber mehrere Jahre (1777 bezw. 1778–80) als Fragmente und anonym herausgegeben.